Cookinseln, Neuseeland und China: Ein Streit mit geopolitischer Sprengkraft

Alte Bindungen, neue Interessen

Die Cookinseln, ein Archipel mit etwa 15.000 Einwohnern im Südpazifik, stehen seit 1965 in freier Assoziation mit Neuseeland. Diese besondere Verbindung bedeutet: Die Inseln verwalten sich selbst, doch Neuseeland übernimmt Aufgaben in der Außen- und Verteidigungspolitik. Cookinsulaner besitzen die neuseeländische Staatsbürgerschaft, und Wellington unterstützt das Land regelmäßig mit Entwicklungshilfe. Doch genau dieses historisch gewachsene Verhältnis steht derzeit auf dem Prüfstand. Ausgelöst durch eine engere Annäherung der Cookinseln an China.

Cookinseln – Lage im Pazifik (Grafik): https://commons.wikimedia.org/wiki/File III Lizenz: Gemeinfrei

Eine Reise mit Nachwirkungen

Im Februar 2025 reiste der Premierminister der Cookinseln, Mark Brown, nach Peking. Dort unterzeichnete er ein weitreichendes Partnerschaftsabkommen mit China, das unter anderem wirtschaftliche Kooperationen, Infrastrukturprojekte, Stipendien und Unterstützung beim umstrittenen Tiefseebergbau vorsieht. Das Problem: Neuseeland wurde nicht im Vorfeld konsultiert, obwohl die bilateralen Vereinbarungen eine solche Absprache für außen- und sicherheitspolitisch relevante Schritte ausdrücklich vorsehen.
Für Neuseeland war das ein klarer Vertrauensbruch. Aus Wellingtons Sicht untergräbt die eigenmächtige Annäherung der Cookinseln an China nicht nur die Grundsätze der „Joint Centenary Declaration“ von 2001, sondern öffnet auch potenziell sicherheitsrelevante Bereiche wie Hafeninfrastruktur oder strategische Rohstoffe für chinesischen Einfluss. Der Zeitpunkt des Alleingangs war dabei besonders pikant: der neuseeländische Premierminister Christopher Luxon selbst weilte zur gleichen Zeit zu einem Staatsbesuch in China.

Neuseeland zieht Konsequenzen

Als Reaktion auf das Vorgehen der Cookinseln kündigte Neuseeland im Juni 2025 an, Entwicklungshilfegelder in Höhe von rund 18 Millionen neuseeländischen Dollar (ca. 9.3 Millionen Euro) bis auf Weiteres auszusetzen. Betroffen sind zentrale Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Tourismusförderung. Die Botschaft aus Wellington war deutlich: Solange die Regierung der Cookinseln nicht für Transparenz sorgt und ihre Entscheidungen nicht im Einklang mit bestehenden Verpflichtungen trifft, werde es keine weitere finanzielle Unterstützung geben.
Die Maßnahme sorgte auch auf den Inseln selbst für Unruhe. In der Hauptstadt Avarua protestierten mehrere hundert Bürger gegen die mangelnde Transparenz der Regierung und kritisierten insbesondere die Kompromisslosigkeit gegenüber Neuseeland – dem langjährigen Partner, der für viele Cookinsulaner immer noch erste Anlaufstelle bei Auswanderung, Bildung oder medizinischer Versorgung ist.

Geopolitisches Tauziehen im Pazifik

Der Konflikt zwischen den Cookinseln und Neuseeland steht exemplarisch für eine größere Bewegung im pazifischen Raum: Immer mehr Inselstaaten versuchen, zwischen traditionellen Partnern wie Australien und Neuseeland einerseits und neuen Akteuren wie China andererseits zu manövrieren. Für viele dieser Länder bietet China willkommene Alternativen zu westlicher Entwicklungshilfe – oftmals mit weniger politischen Auflagen.
Gleichzeitig wächst bei Neuseeland, Australien und den USA die Sorge, dass China über wirtschaftliche Kooperationen sicherheitspolitisch Fuß fassen könnte. Bereits die Salomonen hatten 2022 mit einem geheim gehaltenen Sicherheitsabkommen mit China für internationale Irritationen gesorgt. Nun könnten auch die Cookinseln, insbesondere durch chinesisches Interesse an Tiefsee-Rohstoffen, in eine ähnliche Rolle geraten.

Souveränität und Abhängigkeit neu verhandelt

Für die Cookinseln ist der aktuelle Konflikt auch ein Ausdruck wachsender Eigenständigkeit. Viele Stimmen auf der Insel pochen darauf, dass man als souveräner Staat das Recht habe, internationale Abkommen eigenständig zu schließen, auch mit China. Doch in der Realität bleibt das Land stark auf neuseeländische Unterstützung angewiesen, nicht nur finanziell, sondern auch strukturell: Zahlreiche Cookinsulaner leben in Neuseeland, viele staatliche Programme basieren auf neuseeländischer Hilfe.
Ob sich der Streit durch neue Absprachen entschärfen lässt oder zu einer dauerhaften Belastung der bilateralen Beziehungen führt, bleibt offen. Klar ist: Die geopolitischen Spannungen im Pazifik verschärfen sich und kleine Inselstaaten wie die Cookinseln geraten zunehmend ins Zentrum eines globalen Machtspiels.