Länderporträt: Marshallinseln

Mitten im Pazifik liegen die Marshallinseln – eine weit verstreute Inselwelt, gezeichnet von Kolonialgeschichte, nuklearem Erbe und der Suche nach einer selbstbestimmten Zukunft.

Flagge der Marshallinseln
Flagge der Marshallinseln:
Der weiße und der orangefarbene Streifen stehen für Aufbruch und Hoffnung in Tag und Nacht, während das Blau den Pazifik symbolisiert. Der vierzackige Stern weist auf Majuro hin und steht für die 24 Verwaltungseinheiten der Republik.
Quelle: Wikimedia Commons (Public Domain)

📦 Infobox: Marshallinseln

Name: Republik der Marshallinseln (Republic of the Marshall Islands)
Lage: Zentralpazifik, nordöstlich von Nauru
Einwohnerzahl: ca. 37.000 (Stand 2025)
Fläche: ca. 181 km² Landfläche, über 2.0 Mio km² Meeresfläche
Staatsform: Parlamentarische Republik in freier Assoziation mit den USA
Hauptstadt: Majuro
Währung: US-Dollar (USD)
Sprachen: Marshallesisch, Englisch
Besonderheiten: ehemalige US-Atomtestgebiete; Kompaktvertrag mit den USA; gehört zu den führenden Flaggenstaaten im internationalen Schiffsregisterwesen

Geografie und Bevölkerung

Mitten im westlichen Pazifik, zwischen Hawaii und Mikronesien, erstrecken sich die Marshallinseln über ein riesiges Meeresgebiet. Der Staat besteht aus insgesamt 29 Atollen und fünf Einzelinseln, die sich auf zwei Inselketten verteilen: die östliche Ratak-Kette („Sonnenaufgang“) und die westliche Ralik-Kette („Sonnenuntergang“). Die beiden wichtigsten Atolle sind Majuro – Sitz der Hauptstadt – und Kwajalein, das eines der größten Atolle der Erde ist und heute zum Teil von den USA militärisch genutzt wird. Die gesamte Landfläche beträgt lediglich 181 Quadratkilometer. Doch umfasst die ausschließliche Wirtschaftszone beinahe zwei Millionen Quadratkilometer – etwa so groß wie Mexiko. Etwa 37.000 Menschen leben auf den Marshallinseln, die meisten davon in Majuro oder auf Ebeye, einer kleinen Nebeninsel von Kwajalein, die zu den am dichtesten besiedelten Orten der Welt zählt.

Kolonialgeschichte und Unabhängigkeit

Historisch waren die Marshallinseln Teil eines großen mikronesischen Seehandelsnetzwerks. Die Kolonialzeit begann 1885 mit der Inbesitznahme durch das Deutsche Kaiserreich, gefolgt von Japan (1914–1944) und schließlich den Vereinigten Staaten, die die meisten Inseln 1944 von der japanischen Besatzung befreiten und bis 1986 im Rahmen eines UN-Treuhandmandats verwalteten. 1986 erlangten die Marshallinseln ihre staatliche Unabhängigkeit, allerdings in enger Anbindung an die USA durch den „Compact of Free Association“ (COFA). Dieser Vertrag erlaubt es Marshallesen, ohne Visum in die USA zu reisen, dort zu leben und zu arbeiten. Im Gegenzug erhalten die Marshallinseln finanzielle Unterstützung, während die USA das strategische Oberkommando über bestimmte Atolle – allen voran Kwajalein – behalten.

Atombombentests und ihre Folgen

Kaum ein anderes Land verbindet sich so direkt mit der Geschichte der Atomtests wie die Marshallinseln. Zwischen 1946 und 1958 führten die Vereinigten Staaten insgesamt 67 Kernwaffentests durch, insbesondere auf Bikini und Enewetak. Der Wasserstoffbomben-Test Castle Bravo 1954 auf Bikini war einer der stärksten je durchgeführten, mit verheerenden Folgen: Ganze Inseln wurden dauerhaft kontaminiert, Tausende Menschen umgesiedelt. Die sozialen, gesundheitlichen und ökologischen Folgen sind bis heute spürbar.

Politisches System und Außenbeziehungen

Politisch sind die Marshallinseln eine Präsidialrepublik mit einem Parlament und traditionellen Clansystemen. Die Präsidentin (Stand 2025: Hilda C. Heine) wurde im Januar 2024 vom Parlament gewählt. Sie ist nicht nur die erste und bislang einzige weibliche Staatschefin in Mikronesien, sondern bekleidete das Amt bereits zuvor (2016–2020). Die internationale Ausrichtung ist klar: Die USA bleiben wichtigster Partner, aber auch Taiwan spielt eine besondere Rolle. Denn anders als die meisten anderen Staaten in der Welt erkennen die Marshallinseln Taiwan offiziell an und nicht die Volksrepublik China.

Wirtschaft, Migration und Klimawandel

Die Wirtschaft der Marshallinseln ist stark von externer Unterstützung abhängig, insbesondere durch Zahlungen und Hilfsprogramme der USA. Haupteinnahmequellen sind der Verkauf von Fanglizenzen an internationale Fischfangflotten sowie das lukrative Schiffsregister: Aufgrund günstiger Bedingungen wie niedriger Steuern, minimaler regulatorischer Auflagen und einer schnellen, digitalisierten Abwicklung haben sich viele internationale Handelsschiffe unter marshallesischer Flagge registriert, trotz fehlender eigener Hochseeflotte. Abgesehen davon gibt es kaum nennenswerte Industrie, und ein Großteil der Bevölkerung lebt von Subsistenzwirtschaft. Gleichzeitig steht das Land vor enormen Herausforderungen. Der Klimawandel bedroht die Marshallinseln existenziell: Der höchste natürliche Punkt liegt lediglich zehn Meter über dem Meeresspiegel, und regelmäßige Überschwemmungen, Versalzung des Grundwassers und Küstenerosion gefährden schon heute Lebensräume und Infrastruktur. Viele Marshallesen wandern in die USA aus. Ein durch das COFA-Abkommen ermöglichtes Recht. Besonders die Stadt Springdale in Arkansas hat sich zu einem wichtigen Zentrum der marshallesischen Diaspora entwickelt. Trotz dieser Bedrohungen setzt das Land auch eigene Akzente: So erklärten die Marshallinseln 2011 ihre Gewässer zur größten Haischutzzone der Welt. Ein starkes Zeichen für den Meeresschutz in einer bedrohten Region.

Kultur und Sport

Kulturell sind die Marshallinseln stark von familiären Clans und traditionellen Oberhäuptern – den Iroij – geprägt. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung sind Christen, vor allem Anhänger der protestantischen Marshall Islands Protestant Church. Besonders bei Festen, kirchlichen Veranstaltungen und kulturellem Austausch zwischen den Inseln spielen Musik, Tanz und kunstvolle Stickereien eine zentrale Rolle. Sportlich dominiert Basketball den Alltag vieler junger Marshallesen. Die Plätze in Majuro und auf Ebeye sind zentrale Treffpunkte der Jugend. Auch Baseball und Softball, stark vom Einfluss der USA geprägt, spielen eine Rolle. Fußball erfreut sich wachsender Beliebtheit, auch wenn das Land bislang kein FIFA-Mitglied ist.

Die Stimme der Inseln

Wer aktuelle Entwicklungen auf den Marshallinseln verfolgen möchte, findet fundierte Informationen im Marshall Islands Journal, der einzigen regelmäßig erscheinenden Zeitung des Landes. Seit 1970 berichtet das Blatt wöchentlich auf Englisch und Marshallesisch, mit rund 2.000 Exemplaren Auflage. Chefredakteur Giff Johnson prägt das Journal seit Jahrzehnten; einst nannte sich die Redaktion selbstironisch „die schlechteste Zeitung der Welt“. In einem Interview scherzte Johnson: „Wir haben einen 60 Jahre alten Drucker – und glauben Sie mir, Ersatzteile findet man auf den Marshallinseln nicht einfach im Baumarkt.“ Trotz aller Widrigkeiten bleibt das Journal eine unverzichtbare Stimme im Pazifik.

Haben Sie Fragen, Hinweise oder eigene Erfahrungen mit den Marshallinseln? Schreiben Sie uns. Mar Pacífico lebt vom Austausch.