Länderporträt: Föderierte Staaten von Mikronesien

Die Föderierten Staaten von Mikronesien zählen zu den am weitesten verstreuten Inselstaaten der Erde: Föderal organisiert, wenig bekannt und heute ein geopolitisches Scharnier im westlichen Pazifik

Die Flagge der Föderierten Staaten von Mikronesien: Auf hellblauem Grund stehen vier weiße fünfzackige Sterne in runder Anordnung, die die vier Bundesstaaten Yap, Chuuk, Pohnpei und Kosrae repräsentieren. Das Blau symbolisiert den Pazifischen Ozean, der das gesamte Staatsgebiet umgibt. Die Anordnung der Sterne verweist auf die traditionelle Navigation und die kulturelle Verbundenheit der Inselgruppen trotz geografischer Streuung.
Bildquelle: Wikimedia Commons (Public Domain)

📦 Infobox: Föderierte Staaten von Mikronesien

Offizieller Name: Föderierte Staaten von Mikronesien (FSM)
Hauptstadt: Palikir (auf Pohnpei)
Staatsform: Föderale parlamentarische Republik
Fläche: ca. 702 km² Landfläche, über 2,6 Mio km² Meeresfläche
Einwohnerzahl: ca. 105.000 (Stand 2023)
Amtssprachen: Englisch (offiziell); zahlreiche indigene Sprachen in den vier Bundesstaaten
Währung: US-Dollar (USD)
Unabhängigkeit: 3. November 1986 (Vertrag mit den USA)
Besonderheit: Weltweit einzigartiges Wracktauchergebiet mit über 60 japanischen Kriegsschiffen, Nan Madol – eine der größten megalithischen Stätten Ozeaniens

Geografie: Inselvielfalt auf riesiger Fläche

Die Föderierten Staaten von Mikronesien (FSM) bestehen aus rund 607 Inseln, die sich über mehr als 2.600 Kilometer im westlichen Pazifik verteilen. Politisch gliedert sich der Staat in vier Bundesstaaten: Yap, Chuuk, Pohnpei und Kosrae. Jede dieser Inselgruppen bringt eigene Sprachen, Kulturen und politische Strukturen mit. Eine föderale Realität, die sich auch im Alltagsleben zeigt.
Trotz ihrer geografischen Weitläufigkeit besitzt die FSM mit ihren 702 Quadratkilometern nur eine geringe Landfläche, die sogar kleiner ausfällt als die Fläche der Hafenstadt Hamburg. Das führt zu vielfältigen Herausforderungen: bei Infrastruktur, Verwaltung, Ernährungssicherheit und Klimaanpassung.
Eine besondere Sehenswürdigkeit liegt auf Pohnpei: die Ruinenstadt Nan Madol, die auf über 90 künstlichen Inseln errichtet wurde. Die megalithische Anlage aus Basalt gilt als einzigartiges Zeugnis vormoderner Baukunst im Pazifik und steht auf der Tentativliste zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Geschichte: Zwischen Großmächten und Selbstbestimmung

Schon früh war Mikronesien Teil weitreichender maritimer Handels- und Migrationsnetzwerke. Im 17. Jahrhundert begann die Kolonialisierung durch europäische Mächte. 1696 nahm Spanien die Inseln formell in Besitz. Nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg verkaufte Spanien das Gebiet 1899 im Rahmen des Deutsch-Spanischen Vertrags an das Deutsche Kaiserreich. Dieses gliederte die Inseln in seine Kolonie Deutsch-Neuguinea ein. Die deutsche Herrschaft blieb nicht ohne Widerstand: 1911 schlugen deutsche Truppen einen Aufstand der Sokehs-Bevölkerung auf Pohnpei gewaltsam nieder.

Kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs übernahm Japan die deutschen Kolonien. Das japanische Kaiserreich baute ab den 1920er Jahren die zivile Verwaltung und militärische Infrastruktur aus. Besonders die Lagune von Truk (heute Chuuk) wurde in den 1930er Jahren zu einem zentralen Stützpunkt der Kaiserlich Japanischen Marine. Im Februar 1944 wurde Truk Ziel einer großangelegten Luftoffensive der US-Marine. Dutzende Schiffe, Flugzeuge und Panzer versanken – heute ein spektakuläres Tauchrevier. Viele weitere japanische Außenposten in der mikronesischen Inselkette wurden im amerikanischen „Island Hopping“ umgangen und kapitulierten erst nach Japans Kriegsniederlage 1945.

Nach dem Krieg übernahmen die Vereinigten Staaten das Gebiet als Teil des Treuhandgebiets Pazifische Inseln unter UN-Mandat. 1986 wurden die FSM ein souveräner Staat, allerdings unter dem „Compact of Free Association“ mit den USA. Bis heute prägt dieses Abkommen die politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Realität des Landes.

Politik: Föderal, aber stark außenabhängig

Die politische Struktur der FSM ist föderal aufgebaut, mit einem Präsidenten, der zugleich Staats- und Regierungschef ist. Jeder Bundesstaat besitzt eigene Gesetze, Parlamente und Gouverneure; was einerseits kulturelle Vielfalt anerkennt, andererseits die Zusammenarbeit erschwert.
International ist das Land eng an die USA gebunden. Washington übernimmt Verteidigung, zahlt Entwicklungshilfe und gewährt den FSM-Bürgern Aufenthaltsrechte in den USA. Doch mit dem geopolitischen Aufstieg Chinas rückt die Region zunehmend in den Fokus rivalisierender Mächte. 2023 brach Mikronesien überraschend die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan ab und wandte sich der Volksrepublik China zu. Dieser Schritt markierte eine außenpolitische Kehrtwende – und wurde sowohl im Land selbst als auch bei engen Partnern wie den USA mit Spannung verfolgt.

Gesellschaft und Alltag: Vielfalt, Abwanderung, Wandel

Jeder Bundesstaat der FSM hat eigene soziale Traditionen, Sprachen und Clanstrukturen. In Yap etwa sind alte Navigationskünste, Steingeld und hierarchische Gesellschaftsformen bis heute präsent. In Chuuk dominieren christliche Kirchen und dichte Netzwerke der Großfamilie.
Ein großes Thema ist die Abwanderung: Zehntausende Mikronesier leben heute in den USA, vor allem in Hawai’i und Guam. Sie schicken Geld zurück und bilden eine lebendige Diaspora mit wachsender Bedeutung für Politik und Identität im Heimatland. Auch religiös ist Mikronesien vielfältig geprägt, wobei der römisch-katholische Glaube dominiert. Eine direkte Folge der spanischen Kolonialzeit. Über 50 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Katholizismus; daneben existieren zahlreiche protestantische und unabhängige Kirchen, die das gesellschaftliche Leben vielerorts stark prägen.

Klima und Umwelt: Schön, bedroht, verletzlich

Die FSM zählen zu den artenreichsten Meeresregionen der Welt. Doch Überfischung, Abfallimporte und Wetterextreme bedrohen die ökologischen Grundlagen der Inseln. Vor allem Atolle wie die outer islands sind durch Küstenerosion und Versalzung betroffen.
Gleichzeitig engagiert sich die FSM international für den Klimaschutz, auch als Stimme kleiner Inselstaaten auf UN-Ebene.

Kurioses und Besonderheiten

Trotz ihrer weiten geografischen Streuung bietet die Föderation von Mikronesien einige bemerkenswerte Eigenheiten: Die Hauptstadt Palikir auf der Insel Pohnpei zählt nur rund 6.000 Einwohner und gehört damit zu den kleinsten Hauptstädten der Welt. Im Westen des Landes liegt der Inselstaat Yap, international bekannt für seine riesigen Steingeldscheiben – die sogenannten Rai Stones –, die bis heute bei rituellen Transaktionen symbolisch verwendet werden. Östlich von Yap lockt die Lagune von Chuuk mit über 60 japanischen Schiffswracks aus dem Zweiten Weltkrieg und gilt als eines der spektakulärsten Tauchreviere der Welt. Und schließlich gehört Mikronesien zu den wenigen Staaten weltweit, deren Bürger aufgrund des Compact of Free Association visafrei in die USA einreisen und dort leben und arbeiten dürfen. Ein Privileg was ebenfalls den Bürgern der Marshallinseln und Palau zusteht.

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