Pazifikkrieg: Der deutsche Angriff auf Nauru 1940

Dezember 1940. Die deutsche Kriegsmarine unternahm einen überraschenden Angriff auf Nauru, eine kleine Insel im Westpazifik, wirtschaftlich von ihrem Phosphatabbau abhängig.

Nauru-map-by-hutchison-1928. Quelle: Wikipedia Lizenz, CC BY 2.0

Dezember 1940. Während Europa in Flammen steht, nähert sich ein deutscher Hilfskreuzer der winzigen Insel Nauru, einer abgelegenen Kolonie, die für Australien und Neuseeland von strategischer Bedeutung ist. Wenige Tage später sind fünf Frachtschiffe versenkt, Verladeanlagen zerstört und ein Exportstopp für Phosphat verhängt. Der Krieg hat den zentralen Pazifik erreicht.

Eine wirtschaftlich bedeutsame Insel

Nauru war 1940 eine der wichtigsten Rohstoffquellen im Pazifik. Der Abbau von Phosphat – essenziell für die Düngemittelproduktion – wurde von der British Phosphate Commission organisiert und deckte weite Teile des Bedarfs in Australien und Neuseeland. Ohne Nauru (und Ocean Island) standen die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung der Region unter Druck.

Deutsche Hilfskreuzer im Südpazifik

Die Angreifer kamen nicht aus Japan, sondern aus Deutschland: Die beiden getarnten Hilfskreuzer Orion und Komet, begleitet vom Versorgungsschiff Kulmerland, operierten ab Ende November 1940 im Pazifik. Ihr Ziel: den alliierten Handel stören. Vor allem die Phosphatlieferungen von Nauru unterbrechen.
Getarnt als neutrale oder japanische Schiffe, näherten sich die Angreifer unbemerkt. Zwischen dem 6. und 8. Dezember fingen sie mehrere unbewaffnete Frachter ab.

Fünf Schiffe in drei Tagen

In diesen drei Tagen versenkten die deutschen Kriegsschiffe fünf alliierte Frachter: Triona, Triadic, Triaster, Komata und die norwegische Vinni. Diese hatten entweder Phosphat geladen oder waren auf dem Weg, es abzuholen. Einige Schiffe wurden in unmittelbarer Nähe zur Insel torpediert, andere auf hoher See gestellt und mit Sprengladungen versenkt. Insgesamt gingen über 41.000 BRT verloren.
Auf dem Frachter Triona kamen mindestens drei Besatzungsmitglieder ums Leben. Die überlebenden Seeleute wurden gefangen genommen, später jedoch auf der Insel Emirau (Papua-Neuguinea) wieder freigelassen. Für die Bevölkerung Naurus blieb der Angriff vorerst ohne direkte Opfer, doch sollte sich das noch ändern.

Karte des Westpazifiks, die die Routen der deutschen Schiffe und die Stellen der versenkten alliierten Schiffe in der Zeit vom Dezember 1940 bis zum Januar 1942 zeigen. Quelle: Wikipedia Lizenz, CC BY 2.0

Der zweite Schlag: Beschuss der Insel

Am 27. Dezember kehrte die Komet allein zurück. Sie informierte die Inselverwaltung über den bevorstehenden Angriff und eröffnete danach das Feuer auf die Infrastruktur des Phosphatexports: Verladeanlagen, Förderbänder, Treibstofflager und Versorgungseinrichtungen wurden systematisch beschossen. Binnen einer Stunde waren große Teile der wirtschaftlichen Infrastruktur lahmgelegt. Etwa 13.000 Tonnen Treibstoff verbrannten.
Trotz der gezielten Angriffe auf Industrieanlagen wurde die Zivilbevölkerung gewarnt und verschont. Dennoch wirkte der Angriff unmittelbar: Die Verladung von Phosphat kam vollständig zum Erliegen – für rund zehn Wochen.

Beschädigte Phosphat-Ladestation auf Nauru nach dem Beschuss des deutschen Hilfskreuzers am 27. Dezember 1940. Quelle: Wikipedia Lizenz, CC BY 2.0

Strategischer Erfolg – wirtschaftliche Folgen

Der Angriff war militärisch begrenzt, strategisch aber effektiv: Die Phosphatausfuhr nach Australien und Neuseeland stoppte. In Neuseeland wurden die Vorräte knapp, die Regierung rationierte ab Juli 1941 den Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft. Damit traf der Angriff das Versorgungssystem beider Länder zur Unzeit, denn der Krieg gegen Deutschland forderte ohnehin hohe Ressourcenbindung.
Aus deutscher Sicht war die Operation einer der erfolgreichsten Schläge gegen die alliierten Versorgungswege im Pazifik. Nauru war fortan militärisch von größerem Interesse.

Reaktionen der Alliierten

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Australien und Neuseeland verstärkten die militärische Präsenz rund um Nauru. Kriegsschiffe wurden entsendet, Handelsrouten besser geschützt, kleinere Garnisonen errichtet. Der australische Kreuzer HMAS Manoora patrouillierte ab Anfang 1941 in der Region. Auch Ocean Island wurde gesichert.
Trotzdem blieb Nauru militärisch verwundbar. Die deutschen Angriffe zeigten, wie verletzlich selbst abgelegene Inseln waren und wie wichtig Rohstoffe im globalen Krieg wurden.

Die Manoora vor Nauru im Januar 1941 kurz nach dem Angriff; im Vordergrund Trümmerteile der Verladeanlagen. Quelle: Wikipedia Lizenz, CC BY 2.0

Eine kaum bekannte Episode

Heute ist der deutsche Angriff auf Nauru weitgehend vergessen. Dabei markiert der Vorfall den einzigen direkten Angriff deutscher Kriegsschiffe auf eine Pazifikinsel während des Zweiten Weltkriegs. Die Militäroperation war präzise vorbereitet, hatte strategische Wirkung und wurde durch die Hilfskreuzer mit großer Autonomie durchgeführt.
Für Nauru war es der erste kriegerische Schlag vor Ort, bevor ab 1942 die japanische Besatzung folgte. Die Verwundbarkeit der Insel, ihre ökonomische Abhängigkeit vom Phosphat und die globale Reichweite der Kriegsinteressen der Achsenmächte zeigten sich in diesen Tagen auf dramatische Weise. Die japanische Besatzung brachte für die kleine Bevölkerung Jahre der Repression, Zwangsarbeit und Deportationen mit sich – ein dunkles Kapitel, das bis heute nachwirkt. Mehr zur Geschichte Naurus, einschließlich der Besatzungszeit, findet sich im Länderporträt auf Mar Pacífico.