Samoa
Zwischen Upolu und Savaiʻi treffen koloniale Spuren auf lebendige Traditionen. Samoa wahrt seine Selbstbestimmung und prägt bis heute die Kultur ganz Polynesiens.

📦 Infobox: Samoa
Amtssprachen: Samoanisch, Englisch
Staatsform: Parlamentarische Demokratie mit Faʻa Samoa-Tradition
Hauptstadt: Apia
Einwohnerzahl: ca. 200.000
Fläche: 2842 km²
Währung: Tala (WST)
Unabhängigkeit: 01. Januar 1962 (von Neuseeland)
Zeitzone: UTC +13
Geografie und Bevölkerung
Samoa liegt im zentralen Südpazifik und besteht aus zwei Hauptinseln, Savaiʻi und Upolu, sowie mehreren kleineren Inseln. Die Landschaft Samoas wird von vulkanischen Bergen und erloschenen Kratern geprägt, die fruchtbare Böden liefern und das Inselbild entscheidend bestimmen. Wasserfälle, üppige Regenwälder und Korallenriffe ergänzen das abwechslungsreiche Terrain. Mit rund 200.000 Einwohnern ist Samoa eines der dichter besiedelten polynesischen Länder. Die Bevölkerung lebt überwiegend in Küstennähe, während das Inselinnere dünn besiedelt bleibt. Rund 75 Prozent der Bevölkerung lebt auf Upolu, wo auch die Hauptstadt Apia liegt. Die größere, aber dünner besiedelte Insel Savaiʻi beherbergt etwa 20 Prozent der Einwohner. Die übrigen fünf Prozent verteilen sich auf kleinere Inseln wie Manono oder Apolima.
Eine Besonderheit ist die Datumsgrenze, die Samoa von seinem Nachbarn Amerikanisch-Samoa trennt. Obwohl die Inseln nur rund 100 Kilometer voneinander entfernt liegen, trennen sie durch die Zeitverschiebung einen ganzen Kalendertag. 2011 verschob Samoa die Datumsgrenze offiziell nach Osten, um wirtschaftlich näher an Australien und Neuseeland angebunden zu sein. Dadurch entfiel der 30. Dezember 2011 – dieser Tag hat in Samoa nie stattgefunden. Wer also heutzutage von Apia weiter östlich nach Pago Pago reist, überquert nicht nur eine Seegrenze, sondern macht auch einen Schritt zurück in die Zeit.


Politisches System
Samoa ist eine parlamentarische Demokratie, in der das traditionelle Faʻa Samoa-System eine zentrale Rolle spielt. Das Staatsoberhaupt, der O le Ao o le Malo, wird aus den Matai-Familien gewählt, während das Parlament die legislative Gewalt ausübt. Ergänzend dazu sind die elf traditionellen Distrikte (Itūmālō) prägend, die historisch auf Stammesgebiete zurückgehen und bis heute politische wie kulturelle Bedeutung besitzen. Jeder Distrikt hat eigene Matai-Titel und Zeremonien, die fest im gesellschaftlichen Gefüge verankert sind. Samoa war 1962 das erste unabhängige Land Polynesiens nach der Kolonialzeit und kombiniert bis heute westliche Staatsformen mit tief verwurzelten traditionellen Strukturen.
Geschichte Samoas: Von vorkolonialen Zeiten bis heute
Vor der Ankunft europäischer Seefahrer lebten die Samoaner in autonomen, stark vernetzten Dorfverbänden. Die Matai-Clans bestimmten politische, soziale und religiöse Strukturen. Handel und kulturelle Kontakte zu Tonga, Fiji oder den Cookinseln prägten den Alltag. Feste, Gesang, Tanz (Siva) und Tattooing (Tatau) waren integrale Bestandteile der Gesellschaft.
Im späten 19. Jahrhundert wurde Samoa zum Schauplatz kolonialer Rivalitäten zwischen dem Deutschen Kaiserreich, Großbritannien und den USA. Deutschland strebte Handel und Plantagenwirtschaft an, Großbritannien unterstützte Missionierung und Handel, während die USA strategische Stützpunkte sichern wollten. 1899 führte dies zur Tripartitenlösung: West-Samoa wurde deutsches Kolonialgebiet, Ost-Samoa amerikanisch, Großbritannien verzichtete auf direkten Anspruch. Unter deutscher Verwaltung entstand eine koloniale Bürokratie mit Infrastrukturprojekten. Deutsche Unternehmen dominierten Handel und Plantagen, während Samoaner politisch ausgeschlossen blieben. Missionare festigten die christliche Prägung.
1914 besetzte Neuseeland Deutsch-Samoa kampflos. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Samoa 1920 offiziell ein Mandatsgebiet des Völkerbundes unter neuseeländischer Verwaltung. In den 1920er- und 1930er-Jahren formierte sich die Mau-Bewegung, die friedlich Selbstbestimmung forderte. Führende Figur war O le Tupua Tamasese Lealofi III., der 1929 bei einer Demonstration der Mau-Bewegung durch neuseeländische Polizisten getötet wurde.
Im Zweiten Weltkrieg spielten die Inseln eine strategische Rolle für die Alliierten. Militärische Stützpunkte wurden eingerichtet, viele Samoaner dienten in der Armee Neuseelands. Konkret waren sie u. a. in Fidschi, den Salomonen, Tonga, den Gilbert- und Ellice-Inseln sowie in Neuseeland selbst stationiert, wo sie Ausbildung erhielten oder in der Verteidigung des Südpazifiks eingesetzt wurden. Ihre Aufgaben reichten von Versorgungs- und Logistikdiensten über Patrouillen bis hin zu labor- und bautechnischen Tätigkeiten für Stützpunkte der Alliierten.
Am 1. Januar 1962 erlangte Samoa als erstes polynesisches Land volle Unabhängigkeit. Seitdem verbindet das Land traditionelle Strukturen mit parlamentarischer Demokratie. Wirtschaftlich war es zunächst stark von Landwirtschaft und Überweisungen der Diaspora abhängig. Heute wächst der Tourismussektor, und Samoa ist Mitglied regionaler Organisationen wie dem Pazifischen Inselstaaten-Forum (PIF) und der UNO.
Gesellschaft und Kultur
Die Faʻa Samoa-Tradition prägt den Alltag: Respekt vor Älteren, kollektive Entscheidungsfindung und soziale Verpflichtungen stehen im Vordergrund. Ein zentrales Element ist das Faʻa Matai-System, das die Rolle der Matai-Familienoberhäupter regelt. Sie leiten Dorfangelegenheiten, vertreten ihre Familien politisch und wirtschaftlich und sorgen dafür, dass Traditionen und soziale Verpflichtungen eingehalten werden. Christliche Religion ist allgegenwärtig; die Bevölkerung ist überwiegend christlich, mit der Methodeistischen Kirche, der Congregational Christian Church und der katholischen Kirche als wichtigsten Konfessionen. Kirchen beeinflussen Politik, Bildung und gesellschaftliches Leben nachhaltig. Tanz, Gesang und Feste sind integraler Bestandteil der Identität und werden im Alltag gepflegt.
Auch kulinarische Traditionen wie das Umu, die Zubereitung von Speisen im Erdofen, spielen eine zentrale Rolle bei Festen und Familienzusammenkünften. Ein anschauliches Beispiel liefert dieses Video, das zeigt, wie Männer und Jungen in Samoa, und mittlerweile auch in der schnell wachsenden Samoanischen Diaspora in Australien, Umu zubereiten und dabei kulturelles Wissen an die nächste Generation weitergeben. Neben den rund 200.000 Einwohnern in Samoa leben heute etwa 600.000 Samoaner im Ausland, vor allem in Neuseeland, Australien und den USA, die die Kultur aktiv weitertragen und gleichzeitig wirtschaftlich bedeutsam sind, etwa durch Überweisungen.
Gesundheit und Ernährung
Wie in vielen pazifischen Inselstaaten stellt Übergewicht auch in Samoa eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung dar. Mehr als drei Viertel der erwachsenen Bevölkerung gelten als übergewichtig oder adipös, was eng mit einer hohen Verbreitung von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck verbunden ist. Während die traditionelle Ernährung aus Taro, Brotfrucht, Fisch und Kokosnüssen vergleichsweise ausgewogen war, haben in den vergangenen Jahrzehnten importierte Produkte wie Reis, Dosenfleisch oder Softdrinks an Bedeutung gewonnen. Hinzu kommen veränderte Lebensweisen durch Urbanisierung und weniger körperliche Arbeit. Die Regierung versucht mit Aufklärungskampagnen, Sportförderung und Steuern auf ungesunde Lebensmittel gegenzusteuern, doch bleibt das Problem auch aufgrund globaler Handelsstrukturen und sozialer Faktoren schwer zu lösen.
Wirtschaft
Samoas Wirtschaft stützt sich vor allem auf Landwirtschaft, Fischerei und – wie gerade schon erwähnt – Überweisungen der Diaspora, die etwa 20 Prozent des BIP ausmachen. Wichtige landwirtschaftliche Produkte sind Kokosnüsse, Taro und Bananen. Der Tourismus gewinnt zunehmend an Bedeutung, bleibt jedoch anfällig für Naturkatastrophen wie Zyklone. Das Land profitiert zudem von Entwicklungsprogrammen Australiens und Neuseelands, die Infrastruktur und soziale Projekte unterstützen.
Presse und Medien
Samoa verfügt über eine kleine, aber markante Medienlandschaft. Die führende Tageszeitung Samoa Observer steht seit 1978 für kritischen, investigativen Journalismus. Sie hat sich über Jahrzehnte gegen Einschüchterungen, Bedrohungen und sogar das Niederbrennen 1994 ihrer Redaktion gewehrt – ein Symbol für Pressefreiheit im Pazifikraum.
Dennoch ist die Lage nicht ungetrübt: Laut dem World Press Freedom Index 2025 von Reporter ohne Grenzen (RSF) fiel Samoa vom 22. Platz (2024) auf Rang 44 – im Inselvergleich liegt das Land hinter Neuseeland (16) und Australien (29). RSF sieht dies als Folge autoritärer Tendenzen sowie jahrelanger Dominanz der Human Rights Protection Party-Partei.
Ein konkretes Beispiel für den zunehmenden Druck: Die Journalistin Lagi Keresoma (Präsidentin von JAWS – Journalists Association of Western Samoa) sieht sich 2025 mit Anklagen wegen krimineller Verleumdung konfrontiert – ein Fall, der landesweit als Symbol für schwindende Medienfreiheit gilt.
Auch im Vorfeld des Commonwealth-Gipfels 2024 zeigte sich dieser Trend: Medienrichtlinien schränkten die Berichterstattung stark ein. Es gab behördlich limitierte Akkreditierung, Fotografierverbote und zentrale Medienkontrolle. Der Samoa Observer kritisierte das als Angriff auf Demokratie und freie Presse, JAWS und internationale Journalistenverbände protestierten ebenso.
Zudem stellen Online-Medien und soziale Plattformen neue Herausforderungen dar. Besonders in der Diaspora halten Facebook, TikTok & Co. das kulturelle Band aufrecht. Gleichzeitig aber eröffnen sie Räume für Desinformation, Online-Belästigungen und politische Polarisierung.
Natur, Klima und Umwelt
Samoa liegt in einem tropischen Zyklonengürtel. Klimawandel, Küstenerosion und Bedrohungen für Korallenriffe stellen Herausforderungen dar. Die Inseln beherbergen zudem eine hohe Dichte endemischer Vogelarten, die in Regenwäldern, Feuchtgebieten und Küstengebieten leben und ein wichtiger Teil der einzigartigen Biodiversität Samoas sind. Nationalparks, Schutzgebiete und kulturell geprägte Territorien fördern den Umweltschutz. Das Land setzt zunehmend auf erneuerbare Energien, vor allem Solarenergie, um fossile Brennstoffimporte zu reduzieren.
Sport und Freizeit
Rugby Union ist Nationalsport, gefolgt von Volleyball und Leichtathletik. Samoaner sind besonders erfolgreich im Rugby Sevens, viele Athletinnen und Athleten haben internationale Karrieren in Neuseeland, Australien oder den USA. Rugby ist dabei weit mehr als nur ein Spiel. Es ist ein Teil der nationalen Identität und wird auch in der Diaspora als kulturelles Band gepflegt. Nicht zufällig gilt Samoa als Talentschmiede des Pazifiks, dessen Spielerinnen und Spieler regelmäßig in internationalen Profiligen und bei Weltmeisterschaften glänzen (mehr dazu hier).
Zwischen Tradition und Zukunft
Samoa zeigt, wie Tradition und Moderne harmonisch koexistieren können. Politische Stabilität, tief verwurzelte Kultur und Faʻa Samoa prägen das Leben ebenso wie Integration in die globale Wirtschaft. Herausforderungen bleiben Klimawandel, Abhängigkeit von externen Geldern und Migration, doch das Land gelingt es, seine kulturelle Identität lebendig zu halten.
Videos und Reportagen über Samoa
📌 Geography Now! SAMOA (YouTube, ca. 23 min, 15.04.2020) Kurzes, unterhaltsames Video über Samoa mit Überblick zu Geografie, Kultur, Geschichte und Sport. Ideal für einen schnellen Einstieg.
📌 Discover the Fresh Island vibes of Apia, Samoa with Young Sefa! (YouTube, ca. 3min, 02.07.2024)
2024er Video über Apia, das Stadtleben, die klassischen Holzbussen, Märkte und Alltagskultur. Moderne Perspektive, nah am Lebensgefühl.
📌 Three Wise Cousins – Official Trailer (YouTube, ca. 1.30min, 27.09.2016) Ein unterhaltsamer Trailer zum Film Three Wise Cousins, der humorvoll Elemente des Faʻa Samoa-Lebensstils, Familiensinn und kulturelle Identität veranschaulicht.
📌 1899 Samoa Intervention & the Second Samoan Civil War (YouTube, ca. 13.30min, 19.07.2020) Das Video visualisiert die eskalierende internationale Einflussnahme zwischen Deutschland, den USA und Großbritannien Ende des 19. Jahrhunderts. Es schildert eindrücklich den zweiten Samoanischen Bürgerkrieg, der schließlich zur Aufteilung Samoas – in „Deutsch-Samoa“ und „Amerikanisch-Samoa“ – führte.
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